Ist meine Heizung& Haus bereit für eine Wärmepumpe?

veröffentlicht am 20.11.2021

In der Vergangenheit war gefestigte Meinung: Die Wärmepumpe gehört in Verbindung mit einer Fußbodenheizung in den Neubau - und hat im Bestandsgebäude nichts zu suchen.

Das in einem Neubau eine neue Öl- oder Gasheizung nichts mehr zu suchen hat, gilt auch heute noch fast uneingeschränkt.

Im Altbau hat sich jedoch so einiges getan:

Die Wärmepumpentechnik wurde weiterentwickelt und einige Hersteller haben heute Geräte im Programm, die bis zu 75°C Vorlauftemperatur liefern und einem Öl- oder Gaskessel in dem nichts nachstehen.

Aber benötige ich diese Temperaturen überhaupt ?

Sie können das relativ einfach selber feststellen, in dem Sie einfach selber Hand anlegen.

Achtung - wenn bereits ein hydraulischer Abgleich durchgeführt wurde, ergibt sich die erforderliche Heizkurve daraus, dann bitte langsam stufenweise herabstellen!

Die allermeisten Heizungsanlagen werden heute witterungsbedingt geregelt - je kälter es draußen wird, umso höher wird die Vorlauftemperatur. Die Regelung macht das anhand der eingestellten Heizkurve, sie gibt das Verhältnis an, um wieviel Grad die Vorlauftemperatur bei einem Grad Außentemperaturabfall zunehmen muss. Eine Heizkurve von 1,4 ergibt in der Grundeinstellung ca. 70°C Vorlauftemperatur bei -12°C Außentemperatur. Dabei muss die Parallelverschiebung auf +/- 0 und die Tagessolltemperatur auf 20° stehen. 

Diagramm Heizkurve

Hintergrund: Die Parallelverschiebung passt die Heizkurve (siehe Bild) in 1°C-Schritten an. Mit der Tagessolltemperatur wird bei +1° (also z.B. von 20 auf 21 verstellt) bei den allermeisten Regelungen die Vorlauftemperatur um +3° Vorlauftemperatur angepasst. Hintergrund ist der physikalischer Zusammenhang, das bei einer Standard Heizkörperheizung für ein Grad höhere Raumtemperaturen ca. drei Grad höhere Vorlauftemperaturen benötigt werden.

Zurück zur Wärmepumpe. Natürlich schafft man immer höhere Vorlauftemperaturen, aber das Grundprinzip „Wärme (von einem niedrigen Temperaturniveau auf ein höheres) pumpen“ bleibt natürlich erhalten. Und wie beim Wasser: je weniger ich hochpumpen muss, umso weniger Antriebsenergie benötige ich. Dieses drückt sich in einer Jahresarbeitszahl aus (JAZ). Sie gibt an, wieviel Nutzenergie (am Heizkörper) bei einem Einsatz von einer kWh Strom ankommt.

Je niedriger die benötigte Vorlauftemperatur, umso höher die JAZ. Eine JAZ von 3 bedeutet das Sie bei jetzt ca. 1.000 Ltr Heizöl (=10.800 kWh) geteilt durch 3 = ca. 3.600 kWh Antriebs-Strom benötigen. Der Umwelt werden dann weitere 7.200 kWh entnommen und auf das „höhere Temperaturniveau gepumpt“ - in Summe haben Sie dann wieder ca. 10.800 kWh Heizwärme.

Und hier wird es interessant, da auch die Forschung das Feld mittlerweile gut untersucht hat. So wurde festgestellt, dass in den allermeistens Altbauten mit Heizkörpern bereits mit einer normalen Luftwärmepumpe eine JAZ von 2,8 -3,2 erreicht wird. Da Sie bei den meisten Stromversorgern einen günstigeren Tarif über einen separaten Stromzähler bekommen, bezahlen Sie für die für 1.000 Ltr. Heizöl vergleichbare Energiemengen ca. 3.600 kWh x 0,23€/kWh = 828,-€. Das ist zwar nicht deutlich weniger wie bei Öl oder Gas, wenn Sie aber einen echten Ökostromanbieter wählen, nahezu CO2 frei!

Um nun zu testen, wie gut das in Ihrem Haus funktioniert, können Sie einfach mal ausprobieren, die Heizkurve herunter zu stellen. Vielleicht friert ja dennoch keiner und Sie haben in der Vergangenheit einfach nur zu hohe Temperaturen erzeugt.

Bei einer Heizkurve von 1,1 werden bei den vorher beschriebenen Beispiel nicht mehr 70°C, sondern nur noch 60°C Vorlauftemperatur erzeugt. Versuchen Sie es einfach einmal - vielleicht reicht es ja auch bei Ihnen aus.

Heizkurve 1,1

Und wenn nicht ? Wenn Sie sich die Heizkurve einmal ansehen, werden Sie feststellen, das bei Außentemperaturen von ca. 0 bis -5°C die 60°C Vorlauftemperaturen fast immer unterschritten werden. Da wir aber eine durchschnittliche Außentemperatur von ca. 6,8°C haben, werden in diesem Bereich fast 70-80% der Jahresheizenergie benötigt. Und die lässt sich mit einer Wärmepumpe immer erzeugen.

Und wenn es kälter wird ? Bei kleinen Häusern reicht meistens der in der Wärmepumpe verbaute Elektroheizstab aus. Bei größeren Objekten wird dann einfach ein weiterer Wärmeerzeuger hinzu installiert oder der bereits vorhandene weiter genutzt. Wir kennen das bereits seit Jahrzehnten im Bereich aus der kleinen Kraftwärmekopplung. Objekte benötigten ca. 30-50 kW Heizleistung, der Dachs konnte aber nur ca. 11-14 kW davon abdecken. Dennoch hat der Zusatzheizkessel in vielen Jahren gar nicht und in besonders kalten Jahren nur wenige Stunden dazugeheizt.

Somit lassen sich auch problemlos Altbauten mit einer Wärmepumpe versorgen. Und wenn Sie später ihr Haus noch nachträglich dämmen, kann der alte Kessel dann entfallen und die Wärmepumpe wird stromsparender.

Also - Gut für die Zukunft gerüstet - Mach den Scheich nicht reich!

Anbei noch einige Beispiele von Regelungen, hier sind die Heizkurveneinstellungen mit rot eingezeichnet:

Skizze Heizkurveneinstellungen

 

Heizkurveneinstellungen